Managed Care
Die Schweiz kennt eine lange Tradition an Managed Care Versicherungsmodellen. Das CSS Institut hat deren Entwicklung wissenschaftlich begleitet.
Verbreitung von Managed Care
In diesen Modellen geben einerseits die Versicherten ihren unbeschränkten Zugang zu den Leistungsanbietern auf, indem sie einen Gatekeeper (Hausarzt, Call-Center) wählen und erhalten dafür einen Prämienrabatt. Andererseits wird der Gatekeeper finanziell in die Verantwortung genommen.
Die Grafik zeigt den Anteil Versicherter in Managed Care Modellen. Seit 2011 sind mehr als die Hälfte der Schweizer Bevölkerung in einem Managed Care Modell versichert.
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Gatekeeper als Schlüsselfigur
Die versicherte Person muss bei jedem medizinischen Problem (ein paar Ausnahmen vorbehalten) zuerst den Gatekeeper kontaktieren. Der Gatekeeper entscheidet dann, ob er die Behandlung selbst durchführen kann oder überweist die Person an einen geeigneten Spezialisten. Die Vergütungsstruktur setzt die Anreize für den Gatekeeper so, dass die Behandlung möglichst effizient durchgeführt wird. Dadurch entstehen weniger unnötige Behandlungen und der Patient wird auf seinem Behandlungspfad durch das komplexe Gesundheitswesen besser begleitet. Die daraus resultierenden Kosteneinsparungen werden dem Leistungserbringer als Bonus und dem Patienten als Prämienreduktion weitergegeben.
Jahrelange Erfahrung beim CSS Institut – unsere Beiträge
Seit seiner Gründung hat das CSS Institut die Entwicklung der Managed Care Modelle in der Schweiz wissenschaftlich begleitet. Dabei ging es jeweils vor allem um die Einsparungen in diesen Modellen und die Art der Vergütung der Leistungserbringer, wie die nachfolgend kurz beschriebenen Forschungsbeiträge zeigen.
Literaturübersicht zu Einsparungen
In einem Übersichtsartikel, der als Kapitel in einem Buch der SGGP erschien, fassten wir die empirische Evidenz zu den Einsparungen von Managed Care Modellen in der Schweiz zusammen. Die Zusammenstellung deckt dabei über 20 Jahre Forschung ab, teilweise auch aus dem CSS Institut. Die grosse Herausforderung bei der Berechnung der Einsparungen ist der Selektionseffekt. Weil eher gesündere Personen diese Modelle wählen, muss dies bei Kostenvergleichen berücksichtigt werden. Ansonsten schreibt man diesen Modellen Unterschiede im Gesundheitszustand unrechtmässig als Einsparungen zu. Die im Artikel erwähnten Studien wenden verschiedene Methoden an, diesen Selektionseffekt herauszurechnen. Die Einsparungen liegen dennoch zwischen 4-20%.
Langfristige Einsparungen
Mit einer langfristigen Perspektive konnten wir in einer Studie zeigen, dass die Einsparungen in Managed Care Modellen auch Jahre nach dem Eintritt in diese Modelle noch bestehen. Gleichzeitig konnte keine Evidenz für die oft genannte Befürchtung von schlechterer Versorgungsqualität in diesen Modellen gefunden werden.
Capitation vs. Bonus mit Benchmarking
Mit der Einführung von Managed Care Modellen in der Schweiz wurde oft auch die Bezahlung der Ärzte verändert. Nicht mehr wie im Standardmodell wird jede Leistung vergütet, sondern der Leistungserbringer erhält eine Pauschale (Capitation), mit der er alle Leistungen abdecken muss, unabhängig davon, ob der im Modell Eingeschriebene Leistungen bezieht oder nicht. Ab 2012 stellte die CSS ihre Verträge mit den Ärztegesellschaften um und es wurde ein Benchmarking-System eingeführt. In einem Artikel werden diese beiden Systeme genauer beschrieben.
Managed Care vs. Wahlfranchise
Ist es wirksamer Kosten zu sparen, indem der Zugang zu Leistungserbringern eingegrenzt wird (wie bei Managed Care) oder indem der Anteil, der selbst bezahlt werden muss, erhöht wird (wie bei der Wahlfranchise)? Diese Frage untersuchte eine Studie, die zeigt, dass beide Methoden wirksam sind. Weil mit hohen Franchisen aber Anreize zur Risikoselektion verbunden sind, sollte Managed Care bevorzugt werden.
Gesetzliche Bestimmungen
Diese beiden besonderen Versicherungsformen (Managed Care und Wahlfranchise) sind auch im selben Gesetzesartikel (Art. 62 KVG) geregelt. In einem Gesetz-Kommentar werden die Regelungen und Rechtsprechungen dazu ausführlich beschrieben.
Literaturangaben
- Beck, Konstantin, Lukas Kauer (2019). Die Wirtschaftlichkeit ist ausgewiesen - Effizienznachweise für verschiedene Modelle, in: J. Baumberger, E. Baumberger, F. Huber & C. Köpe (Hrsg.): Managed Care Swiss made / Entwicklung, Bedeutung und Perspektiven der koordinierenden Grundversorgung im Schweizer Gesundheitswesen, Schriftenreihe der SGGP, Bd. 135, SGGP, Bern, S. 135-146.
- Kauer, Lukas (2017). Long-term Effects of Managed Care, Health Economics, 26 (10), p. 1210-23.
- Trottmann, Maria, Peter Zweifel, Konstantin Beck (2012) Supply-side and demand-side cost sharing in deregulated social health insurance: Which is more effective? Journal of Health Economics 31(1), 231-242.
- Christian P.R. Schmid, Art. 62 KVG, Besondere Versicherungsformen, in: G. Blechta, P. Colatrella, H. Rüedi, D. Staffelbach (Hrsg.), Basler Kommentar Krankenversicherungs- und Krankenversicherungsaufsichtsgesetz, Helbing Lichtenhahn Verlag, Basel, 2020, 957-986.