Harninkontinenz: Podcast mit Dr. Mirjam Bywater

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Harninkontinenz gilt als Tabuthema, obwohl die Problematik viele Personen betrifft. Was der unwillkürliche Verlust von Urin für den Alltag bedeutet und welche Therapien es gibt, erzählt die Urologin Mirjam Bywater im Podcast.

Inkontinenz bedeutet Kontrollverlust

Es wären nur noch wenige Schritte. Die Toilette ist beinahe erreicht, doch es ist zu spät. Der Urin läuft bereits ungebremst. Es wird warm zwischen den Beinen, die Feuchte verteilt sich in der ganzen Hose und hinterlässt einen grossen Fleck. Ein beklemmendes Gefühl folgt, grosse Scham- und Schuldgefühle. Der Boden sollte sich nun öffnen und einen verschlucken. Damit die Misere niemand mitbekommt.

Diese Szene ist keine Seltenheit. Dennoch ist Harninkontinenz – umgangssprachlich Blasenschwäche – ein heikles Thema. Betroffene können den Urin fast nicht oder gar nicht zurückhalten. Körperlich wie auch psychologisch betrachtet geht es bei einer Inkontinenz um Kontrollverlust.

Verbreitung in der Bevölkerung

Laut Bundesamt für Statistik sind in der Alterskategorie der 65- bis 70-Jährigen 15% der Männer und 20% der Frauen betroffen. Bei den 75- bis 80-Jährigen sind es dagegen bereits 20% der Männer und 35-40% der Frauen. Doch Harninkontinenz betrifft nicht nur Ältere, sondern auch Frauen nach der Schwangerschaft und der Geburt.

Was wir in den Sprechstunden sehen, ist nur der Gipfel des Eisbergs. Die Problematik ist viel weiter verbreitet, als wir meinen.
Mirjam Bywater, Urologin und Beckenbodenspezialistin

Hohe Dunkelziffer wegen Schamgefühlen

«Harninkontinenz ist heute noch immer ein grosses Tabuthema», sagt Mirjam Bywater, leitende Ärztin der Urologie und Neurologie am Kantonsspital Aarau und Co-Leiterin des interdisziplinären Beckenbodenzentrums. «Viele denken, es gehöre nach der Schwangerschaft und der Geburt oder zum Altwerden einfach dazu.» Oft würden sich Patienten deshalb nicht darum kümmern. So ist die Dunkelziffer der Betroffenen entsprechend hoch.

Wann es wirklich Hilfe braucht – mit Dr. Mirjam Bywater

Die Urologin und Beckenbodenspezialistin Dr. Mirjam Bywater, erklärt im Podcast, was Inkontinenz ist, welche Ursachen es gibt und was man dagegen machen kann.
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Belastungsin­kon­ti­nenz und Dranginkontinenz

Harninkontinenz ist nicht gleich Harninkontinenz. Es gibt verschiedene Arten. Bei der Belastungsinkontinenz – auch Stressinkontinenz oder Tröpfcheninkontinenz genannt – kommt es meist beim Husten, Niesen, Lachen oder bei sportlicher Betätigung zum Abgang des Urins. Diese Inkontinenzform tritt vor allem bei Frauen nach der Geburt auf.

Bei einer Dranginkontinenz verspüren Betroffene den Drang, Wasserlösen zu müssen, derart stark, dass sie den Harn bereits auf dem Weg zur Toilette verlieren. «Patienten können den Urin oft nicht mehr stoppen. Es läuft dann einfach», erklärt Bywater. Bei einer milderen Form der Dranginkontinenz seien es dagegen nur ein paar Tröpfchen und die Betroffenen könnten dies meist stoppen, fügt die Ärztin an.

Gründe für eine Harninkontinenz

Eine Dranginkontinenz hat neurologische Ursachen. Oft liegen dieser Inkontinenzform Rückenmarksverletzungen oder neurale Krankheiten wie Multiple Sklerose oder Parkinson zugrunde. Auch nach einem Schlaganfall kann es zu Inkontinenz kommen. «Bei neurogener Dranginkontinenz funktionieren die Steuerzentren im Gehirn und Rückenmark wegen diesen Grunderkrankungen nicht mehr richtig», erklärt Mirjam Bywater.

Bei der Belastungsinkontinenz funktioniert der Verschlussmechanismus zur Harnröhre nicht mehr einwandfrei. Dies beruht auf einer Beckenboden- oder Schliessmuskelschwäche. Eine Anpassung der Lebensweise kann jedoch Abhilfe schaffen und den Ausprägungsgrad einer Inkontinenz verkleinern.

Behandlung bei Blasenschwäche

Wer an Inkontinenz leidet, ist nicht verloren. Heute gibt es zahlreiche Therapieformen. Von einfachen Hilfsmitteln wie Einlagen bis zu Medikamenten, Botox und Operationen. Neue Therapieformen wie Blasenschrittmacher erweisen sich ebenfalls als wirksam.

Alltag mit Harninkontinenz

Je nach Schweregrad werden Patienten unterschiedlich stark in ihrem Alltag eingeschränkt. Meist vermeiden Betroffene bestimmte Verhaltensweisen und eignen sich stattdessen neue an. «Einige Patienten trinken beispielsweise viel weniger, wenn sie wissen, dass sie ausser Haus gehen», sagt Bywater. Wie Inkontinenz ebenfalls den Alltag prägt und verändern kann, erzählt Mirjam Bywater im Podcast.

Ein anderes Leben dank Behandlung – mit Barbara Annen

Barbara Annen war nach der Geburt ihrer Kinder 12 Jahre lang inkontinent. Im Podcast erzählt sie, wie das Leben mit Harninkontinenz ist und wieso sie 12 Jahre gewartet hat, bis sie sich operieren lassen hat.
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Lebensstil ändern

«Je mehr Körpergewicht eine Person hat, desto mehr wird der Beckenboden belastet», sagt die Ärztin. Deshalb helfe es bei einer Belastungsinkontinenz das Körpergewicht zu reduzieren. «Bei einer Dranginkontinenz ist es dagegen hilfreich, nicht gleich jedem Harndrang nachzugeben, um sich ein gewisses Blasenvolumen anzutrainieren», empfiehlt Mirjam Bywater. Bei beiden Inkontinenzarten helfe zudem Übungen für den Beckenboden. «Durch das Training lernen Patienten ihren Beckenboden zu spüren und anzuspannen», sagt Bywater.

Beckenboden stärken

Der Beckenboden von Männern ist stabiler und kräftiger als jener von Frauen. Deshalb gibt es ein Extratraining für Männer. Diese Übungen helfen nicht nur bei Inkontinenz, sondern auch nach einer Prostata-Operation.

Um den Beckenboden zu trainieren, gibt es verschiedenste Methoden: Vom klassischen Yoga über Pilates bis zum Hula-Hoop-Ring.

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