Darmgesundheit: So beeinflusst der Darm Körper und Psyche
Der Darm ist ein unterschätztes Multifunktionsorgan: Er wehrt fleissig Krankheitskeime ab und bildet Hormone, die unser Wohlbefinden beeinflussen. Was Sie über Darmgesundheit wissen sollten.
Der Darm: Mehr als nur ein Verdauungsorgan
Wenn wir eine schwierige Nachricht erhalten, müssen wir diese erst einmal verdauen. Sorgen schlagen uns auf den Magen. Eine fiese Bemerkung stösst uns sauer auf. Sind wir ausgesprochen nervös und gestresst, kriegen wir Durchfall: Die Art und Weise, wie der Magen-Darm-Trakt Eingang in die Sprache gefunden hat, aber auch, wie er auf unseren Gemütszustand reagiert, ist vielsagend. Beweis genug, dass der Darm nicht auf seine Verdauungsfunktion reduziert werden sollte.
Darm mit Charme
Spätestens seit die deutsche Ärztin und Autorin Giulia Enders 2014 das Buch «Darm mit Charme» veröffentlichte, ist das Thema salonfähig geworden. Da kann es passieren, dass in guter Gesellschaft über das Wunderwerk Darm debattiert wird. Und das zurecht – denn der Darm ist das grösste Immunorgan in unserem Körper, schliesst gleich viele Nervenzellen wie das Rückenmark ein und verdaut im Laufe eines Lebens rund 30'000kg feste Nahrung.
Die Darmflora und deren Bakterien
Die Darmflora – bestehend aus Billionen von Bakterien – beeinflusst unseren Gesundheitszustand grundlegend. Denn circa 100 Billionen Darmbakterien trainieren unser Immunsystem und schützen vor unerwünschten Keimen, helfen bei der Bildung von Vitaminen und neutralisieren Gifte. Immerhin 80% unseres gesamten Immunsystems befinden sich im Darm. Mit seinen Millionen Nervenzellen sammelt der Darm kontinuierlich Infos über unseren Allgemeinzustand.
Der Mensch ist, was er isst – von Kalorien und Übergewicht
Sogar Übergewicht kann nicht losgelöst von der Darmflora betrachtet werden: Bestimmte Bakterien im Darm können dafür sorgen, dass Menschen an Gewicht zunehmen, obwohl sie nicht mehr Kalorien als schlanke Menschen zu sich nehmen. So sind im Darm von übergewichtigen Menschen oft mehr bakterielle Gene für den Abbau von Kohlenhydraten zu finden. Wir sind aber nicht einfach ein Opfer unserer Bakterien und ihrer Wirkung auf den Körper. Was wir essen und wie wir leben, beeinflusst auch unsere Darmflora. Bakterienforscher gehen zum Beispiel davon aus, dass bei dauerhaftem Stress im Darm andere Bakterien überleben, als wenn man gelassen durchs Leben geht. Diese Bakterien kommen zwar mit Stresssituationen klar, drücken aber auf die Stimmung.
Darm und Psyche: Eine enge Verbindung
Der Zusammenhang zwischen Darm und Psyche wird oft auch als "Darm-Hirn-Achse" bezeichnet. Diese Verbindung ist ein Schlüsselfaktor für die allgemeine Gesundheit. Studien zeigen, dass eine gesunde Darmflora nicht nur die Verdauung beeinflusst, sondern auch eine bedeutende Rolle für die psychische Gesundheit spielt. Ungleichgewichte im Mikrobiom können zu Stimmungsschwankungen, Angstzuständen und sogar Depressionen führen. Umgekehrt können psychischer Stress und emotionale Belastungen die Darmgesundheit beeinträchtigen. Daher ist es wichtig, sowohl die körperliche als auch die psychische Gesundheit zu pflegen, um das Gleichgewicht zwischen Darm und Psyche zu wahren.
Auch Darm und Hirn sind verknüpft
Dass der Darm unser Wohlbefinden beeinflusst, steht demnach ausser Frage. Der Darm ist nämlich über ein Nervensystem und über seine riesige Fläche auch eng mit dem Hirn verknüpft. Das zeigt sich nur schon daran, dass der Mensch genau weiss, welches die Bedürfnisse seines Magen-Darm-Traktes sind, also wann er eine Toilette aufsuchen sollte. Umgekehrt wirkt sich zum Beispiel grosse Angst auf die Tätigkeit des Dickdarms aus. Er hat dann nicht mehr genug Zeit, um Flüssigkeit zu resorbieren – Durchfall ist die Folge. Diese Art von Durchfall ist eine Strategie des Darms, mit dem erhöhten Energiebedarf des Gehirns fertig zu werden, der durch die Stresssituation entstanden ist – er will die Nahrung frühzeitig loswerden.
Einfluss von Hormonen auf die Darmgesundheit
Hormone beeinflussen unsere Darmtätigkeit und somit die Art und Weise, wie Darm und Hirn zusammen funktionieren. Das lässt den Menschen als komplexes Ökosystem erscheinen.. Hormone, die im Darm ausgeschüttet werden, können auf direktem Weg die Gefühls- und Stimmungslage beeinflussen. Umgekehrt wirken sich im Gehirn gebildete Hormone auf die Darmtätigkeit aus. Im positiven Fall spüren die Betroffenen Schmetterlinge im Bauch, im negativen Fall macht sich Durchfall bemerkbar. «Unser Ich besteht aus Kopf und Bauch», brachte es es Giulia Enders in ihrem Buch “Darm mit Charme” auf den Punkt. Bei Menschen mit einem gereizten Darm kann die Verbindung vom Darm zum Hirn eine grosse Belastung darstellen – Betroffene leiden überdurchschnittlich häufig unter Angstzuständen oder Depressionen. Das gilt auch für Menschen mit einer chronischen Entzündung im Bauch.
Wohlbefinden ist Darm- und nicht nur Kopfsache
Freude, Unsicherheit, Angst oder schlechte Laune kommen also nicht alleine vom Kopf. Grund genug, dem Darm mehr Aufmerksamkeit zu schenken – und zwar nicht erst, wenn er nicht mehr so funktioniert, wie er sollte.